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![]() ![]() 18.09.2017 Jens Hohendorn spricht über Spaß und Ernst in der neu gegründeten Jugendfeuerwehr in Arsten „Wir haben ein Luxusproblem“ Sie bauen gerade eine Jugendwehr in Arsten auf. Ist es schwer, Jugendliche heutzutage noch für ein Ehrenamt zu begeistern? Das ist für uns in Arsten relativ leicht, andere haben es da schwerer. Wir haben mit Arsten, Habenhausen und Kattenturm ein relativ großes Einzugsgebiet, in dem viele junge Familien leben. Ohne Werbung zu machen, hatten wir von Anfang an sieben Kinder von unseren Kameraden plus deren Freunde, die mitmachen wollten. Innerhalb kürzester Zeit haben wir nun schon 31 Anwärterinnen und Anwärter, die gerne dabei wären, dabei hatten wir uns ursprünglich eine Grenze von 20 gesetzt. Es gibt also schon eine Warteliste und wir müssen überlegen, ob wir noch aufstocken können. Wie erklären Sie sich diesen Ansturm angesichts des konkurrierenden Freizeitangebots, zu dem viele Sportvereine aber auch Fernsehen und Computerspiele zählen? Ich war jahrelang Jugendfußballtrainer und ich kann Ihnen versichern: Sportvereine bieten vieles, aber diese einzigartige Gemeinschaft wie bei der Feuerwehr kann man da nicht finden. Wir wollen vernünftige Jugendarbeit mit viel Spaß im Team leisten und zugleich eine solide feuerwehrtechnische Ausbildung durchführen. Es ist unglaublich, was für eine hohe Auffassungsgabe auch schon die Zehnjährigen bei uns in den ersten Wochen unter Beweis gestellt haben. Das wird leider nur sehr selten abgerufen. Umso erschreckender finde ich, wie stark die technischen Ablenkungen wie Videospiele dieses Ur-Interesse nach Wissen geradezu verkümmern lassen. Die Kinder, die zu uns kommen, haben Lust, etwas zu bewegen, und genau das wollen wir fördern. War Nachwuchsmangel der Grund für Ihre Initiative? Andere Wehren müssen wegen Überalterung schließen... Nein, wir sind 32 Aktive, darunter viele junge Kameraden, da sind wir momentan gut aufgestellt. Wenngleich wir uns immer über weitere Erwachsene freuen, die sich mit uns freiwillig engagieren möchten. Wir wollen den Kindern unser Fachwissen weitergeben und ihnen eine schöne Jugendzeit bieten, das ist das Ziel. Aber natürlich wünsche ich mir, dass später auch möglichst viele gut vorbereitete junge Leute in den aktiven Dienst übergehen. Was genau haben Sie vor? Wir planen viele gesellige Momente, um eine Gemeinschaft zu fördern, die niemanden ausgrenzt. Dazu zählen gemeinsame Übungen und Ausfahrten ebenso wie Stockbrot backen und die spätere Teilnahme an Wettbewerben. Außerdem wollen wir uns in der Öffentlichkeit präsentieren und beispielsweise an Basaren teilnehmen. Der Spaßfaktor muss stimmen, damit die Kinder immer gerne kommen. Das betrifft auch den ernsteren Teil, die feuerwehrtechnische Ausbildung. Wir müssen das elementare technische Grundwissen vermitteln, denn von allen Geräten geht auch ein bestimmtes Risiko aus, wenn man sich damit nicht auskennt. Doch wenn wir das spielerisch angehen, lernen die Kinder unglaublich schnell. Können Sie Beispiele dafür geben? Wichtig ist, das ohne Druck anzugehen. Wir haben eine Altersspanne von zehn bis 16 Jahre, da gibt es große Unterschiede im Vorwissen und der körperlichen Entwicklung, darauf gehen wir natürlich entsprechend ein. In der Praxis dürfen die Kinder später beispielsweise unterschiedlich schwere Bälle mit einem Feuerwehrschlauch weg spritzen, um zu merken, wie stark so ein Wasserstrahl ist. Die richtige Mischung aus Spaß und Ernst ist der Schlüssel, um die Jugendlichen bei der Stange zu halten. Und schon jetzt kann ich Ihnen versichern: Die Kinder sind mit Feuer und Flamme dabei. Gibt es auch Mädchen, die sich angemeldet haben? Ja, etwa die Hälfte der Kinder, die mitmachen wollen, sind erfreulicherweise Mädchen. Im aktiven Feuerwehrdienst engagieren sich bislang bereits drei Frauen in Arsten, und ich finde es klasse zu sehen, dass das nun mehr werden können. Die Feuerwehr ist keine reine Männerdomäne mehr und das ist gut so. Frauen leisten bei der Feuerwehr genauso gute Arbeit wie Männer. Sie haben vom Beirat Geld für einen Wohncontainer erhalten, der als Jugendraum dienen soll. Können Sie damit bereits voll durchstarten? Wir sind sehr dankbar für diese finanzielle Unterstützung aus dem Stadtteil. Auch unser Förderverein hat uns eine Starthilfe gegeben, damit wir erst einmal anfangen können. Glücklicherweise engagieren sich drei Unternehmen zudem dafür, dass durch Umbauarbeiten die Jugendlichen perspektivisch auch im Haus einen eigenen Raum bekommen, denn ein Container kann unserer Überzeugung nach keine Dauerlösung sein. Und trotz dieser Unterstützung sind noch viele Posten offen, bei denen wir weitere Hilfe benötigen. Welche Dinge benötigen Sie? Für die Kleidung sorgt die Stadt. Wir brauchen aber zusätzlich Spinde, ein Zelt, Feldbetten, Gesellschaftsspiele und vieles mehr. Das ist wie ein Haushalt, der frisch gegründet werden muss, und wir stehen fast noch in einer leeren Wohnung. Das können wir als Freiwillige Feuerwehr nicht alleine stemmen. Wenn es also ortsansässige Firmen und Kaufleute gibt, die einen Beitrag für unsere Jugendarbeit leisten wollen, wäre das wunderbar. Wird die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr Ihrer Meinung nach unterschätzt? Leider denken immer noch viele, dass Feuerwehrleute sich nur zum Biertrinken treffen. Dabei arbeiten wir so hart für die Bürger: Allein während des Sturmtiefs „Sebastian“ hatten wir in Bremen an einem Tag 250 Einsätze – das kann die Berufsfeuerwehr gar nicht alleine stemmen. Unsere Wehr in Arsten wird jedes Jahr durchschnittlich 20 bis 25 Mal alarmiert – zur Beseitigung eines umgestürzten Baumes über Einsätze bei Hochwasser und Starkregenereignissen, Keller auspumpen bis hin zum Dachstuhlbrand. Bei der Feuerwehr aktiv zu sein, bedeutet nicht nur, sich Gefahren auszusetzen, um anderen zu helfen, sondern auch viele Opfer im Privatleben. Denn die Übungen, Dienste, Fortbildungen und Einsätze erfordern viel Zeit, die für Familie und Freunde dann fehlt. Aber trotzdem liebe ich diese eingeschworene Gemeinschaft und dieses wichtige Ehrenamt. Die Fragen stellte Karin Mörtel. ![]() |
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